Zu guter Letzt…

Fünf Etappen, die unterschiedlicher nicht sein können. Die Kürzeste war ein verlängertes Wochenende. Die Längste nahezu zweieinhalb Monate. Insgesamt fuhr ich 40.000 km und brauchte drei Reifensätze.

Ich bin niemand, der nach solch einer Reise nur schwärmt wie toll alles ist, denn das wäre faktisch nicht korrekt und gibt ein falsches Bild von solch einem Unternehmen. Falls jemand eine vergleichbare Tour vor hat und immer nur liest, wie wunderbar alles ist, wundert sich früher oder später, warum es bei ihm selbst dann nicht so abläuft. Es gibt gute und es gibt schlechte Tage. Man trifft auf unglaublich nette und hilfsbereite Menschen und man trifft auf Menschen, deren Lebensfreude darin besteht, anderen Leuten das Leben schwer zu machen. Egal ob zu Hause, in der Arbeit oder auf solch einer Reise. Das ist nun mal so. Gewiss nicht schön, aber sie haben halt sonst nix.
Ansonsten nervten die zwischenzeitlich unzähligen Werkstattaufenthalte, die nahezu jedes Mal den ganzen Tag mit Warten gefüllt haben, da es scheinbar dort nicht üblich ist, das Motorrad anzunehmen und den Kunden anschließend zu kontaktieren, was gemacht werden muss. Stattdessen übergibt man das Motorrad, es kümmert sich jemand, dann wird es vergessen, dann muss man nachhaken, dann geht es weiter, dann ist Pause und dann fängt man von vorne an. Den ganzen Tag. Und dann das Phänomen, dass mir drei Mal eine neue Benzinpumpe verbaut wurde.
So mancher Beamter, egal ob bei Grenzübergängen oder an den regelmäßigen Straßenkontrollen, empfindet Spaß am Ausleben seiner kurzen Macht. Das ist nervig, wenn man auch hierbei wertvolle Zeit verliert, aber irgendwann machen auch die ne Pause und man gerät an einen wohlwollenderen Kollegen. Und immer die Ruhe bewahren. Klappt ganz gut, wenn man folgende Lebensweisheit befolgt: „Nicht ärgern! Nur wundern!“
Achja: Meidet Uber in Kolumbien! Ihr werdet nicht abgeholt und wenn doch, dann habt viel Bargeld dabei, um den doppelten Preis von der App nochmal bar zu zahlen, denn sonst werdet ihr nicht zum Ziel gebracht. Uber interessiert es im übrigen gar nicht, obwohl ich ihnen unzählige Vorfälle mit Screenshots der eindeutigen Kommunikation der Fahrer aus verschiedenen Städten gemeldet habe. Antwort: Keine. Kurzum: Taxis sind letztendlich günstiger, schneller und sicherer.
Aber das war‘s auch schon. Das Positive überragt! Die vielen Menschen, die man unterwegs antrifft, die in der Regel überaus freundlich und hilfsbereit sind, egal wo auf der gesamten Strecke, zeigen mir, dass so manches Horrorszenario von omnipräsenter Kriminalität und dem Verfall der Werte nichts mit der erlebten Realität zu tun hat. Mein persönliches Experiment war u.a. die gesamte Maschine inklusive Gepäck (unabgesperrt) tagsüber abzustellen, wo es mir gerade recht war. Immer. Egal wo. Ich nahm noch nicht mal den Tankrucksack ab: Egal ob mitten in der belebten Innenstadt von Bogota (gefühlt die „gefährlichste“ Stadt auf dieser Reise), in verlassenen Gassen von Lima, mitten von Straßenständen bei Nationalparks. Es ging nie etwas verloren. So manch einer sagt jetzt: Da haste aber Glück gehabt. Das denke ich nicht. Wir urteilen über Fremde viel schlechter, als es ihnen gerecht wird. Das Experiment machte ich übrigens auch vor sechs Jahren auf meiner Weltreise: Dasselbe Ergebnis. Wichtig: Nur tagsüber! Nachts gelten andere Gesetze (meine Verluste vor sechs Jahren waren immer nachts…bei abgesperrten Koffern auf bewachten Parkplätzen). Und das Motorrad muss nach Abenteuer aussehen.
Als nächstes natürlich all die verschiedenen Kulturen zu erleben und wahrzunehmen, wie sie sich von Kilometer zu Kilometer langsam oder schlagartig verändern. Gleiches gilt auch für die Landschaften. Daher liebe ich das Reisen mit dem Motorrad: Man erFÄHRT die Veränderungen und erlebt sie am eigenen Leib. Man fühlt die Luft und die Temperatur und man riecht die Gegend (ok, bei Ölförderstädten jetzt kein Vorteil, aber es ist echt).
Und zuletzt: Man fordert sich selbst und stellt fest, ob die Belastungsgrenze noch wie gehabt ist. Und ja: Man ist regelmäßig in einer gewissen Belastung. Sei es körperlich, sei es psychisch, da man täglich mit Unsicherheiten agieren muss. Aber ich mag das. Das ist für mich Teil des Lebens. Ziele zu erreichen, bei denen man sich überwinden musste, bei denen man kämpfen musste, fühlt sich nun mal ganz anders an. Echter. Ich schätze es natürlich ebenfalls, dass manche Ziele aufgrund entsprechender Planung supereinfach erreicht werden können, aber nicht nur, denn die Mischung macht es.
Meine Ziele für diese Tour habe ich alle erreicht: Ich bin mit dem Motorrad vom Polarmeer bis an die Südspitze Feuerlands gefahren und habe dabei Land, Leute und kulinarische Genüsse kennen und schätzen gelernt. Dafür wollte ich nicht meinen Job kündigen, sondern mit vorhandenem Urlaub und Überstunden die Reise etappenweise bewältigen, auch wenn ich nie vorab wusste, wo ich am Ende einer Etappe genau sein werde und wo ich dann mein Motorrad sicher unterbringe, aber das sind letztlich nur Details.
Achso, ein Ziel kann ich selbst nicht einschätzen, ob mir gelungen ist, es zu erreichen: Ich wollte mit Text, Bild und ab Mitte der Reise mit Video interessante Eindrücke des Abenteuers vermitteln. Hoffentlich war es kurzweilig für Euch und hat vielleicht den einen oder anderen angeregt, zumindest die ein oder andere gezeigte Region selber mal zu bereisen.
Vielen Dank für das interessierte Lesen und so mancher persönlicher Nachricht!
Viel Spaß und Erfolg bei Euren eigenen Abenteuern!

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