Etappe 1: Fairbanks – Dawson City – Faro – Fort Nelson: Goldrauch anstatt Goldrausch

Im Denali Nationalpark schneit es. Daher fälle ich die Entscheidung dem höchsten Berg Nordamerikas keinen Besuch abzustatten, sondern stattdessen Alaska „Good Bye“ zu sagen und Richtung Kanada aufzubrechen.

Als ob ich nochmal umgestimmt werden sollte, überbietet das Wetter die leichte Sommerstimmung vom Vortag und zeigt Alaska in den schönsten Farben. Zu spät. Ich bin auf dem Weg zur ehemaligen Goldgräberhochburg am Yukon in Kanada: Dawson City.




Die Stadt, die zum Höhepunkt knapp 40.000 Einwohner zählte, beherbergt nun mehr 1.300 Bewohner plus einige Touristen, die es in die originalgetreue Kulisse zieht. Tatsächlich hat diese kleine Stadt ihren eigenen Charme, der man nur schwer widerstehen kann. Es sind gerade Discovery Days: Es werden jedes Jahr die Tage gefeiert, an denen man das gelobte Gold fand und die Geburtsstunde von Dawson City einläutete. Ich begebe mich nach kurzer Erkundungstour durch die Stadt, bei der ich leidlich feststellen muss, dass ich den Goldrausch wohl nur um Momente verpasst habe, ins alte Casino, um zu erleben, wie man sich vor mehr als 100 Jahren beim Cancan vergnügte. War nett…

Tags drauf ging es den Richard Campbell Highway entlang, um etwas mehr Wildnis zu erleben und dem Straßenverkehr auf der Hauptverbindung auszuweichen. Das Wetter ist weiterhin klasse, nur ab und zu regnet es für kurze Momente, was mir aber einen unvergesslichen Moment bereitet: Mein Motorrad unter zwei Regenbögen!

Die Nacht soll trocken bleiben, daher beschließe ich, mein nun tausende Kilometer mitgebrachtes aber auf der Tour ungenutztes Zelt, das sich auf meiner Weltumrundung unzählige Male bewährt hatte, endlich aufzustellen.

Eigentlich keiner Erwähnung wert, wenn es nicht das letzte Mal überhaupt gewesen wäre. Leb wohl Kuppelzelt! Schlafsack! Isomatte! Und so!
Aus mir bis heute unbegreiflichen Gründen löste sich ein Zurrgurt und der neongelbe Seesack mit meiner gesamten Campingausrüstung rutschte direkt vor den Auspuff. Es waren nur ein paar Minuten, denn schon kurz nach dem Start wunderte ich mich über den üblen Gestank. Ein riesiges Loch hatte sich in den Seesack und in die sich befindlichen Sachen gebrannt und die gesamte (vom Wert her „goldene“) Ausrüstung, löste sich in (Gold-)Rauch auf. Ein paar Daunenfedern dekorierten von nun an mein Motorradheck. Fast schon wie in alten Zeiten: Zwar nicht geteert, dafür gefedert.

Ärgerlich, aber auch nichts wovon man sich die Laune verderben lassen sollte. Denn insgesamt war es ein echt schöner Tag, an dem ich zuvor Sophie und Greg aus Belgien auf der Strecke antraf, die mit nem Camper unterwegs sind und ein Jahr Working Holiday in British Columbia verbringen wollen. Auf Facebook kann man ihre Geschichte verfolgen (siehe Camperaufschrift). Sie luden mich spontan auf einen Kaffee ein. Auf einen europäischen Kaffee! Herrlich! Viel Erfolg Euch beiden!

Weiter nach Watson Lake…dem größten Schilderwald, den ich jemals erlebt habe. Wenn ich mich bislang fragte, warum mancher Orts die Ortsschilder verschwinden…jetzt weiß ich’s: Sie hängen womöglich hier unter den mittlerweile über 33.000 Schildern. Ich war nicht vorbereitet und habe somit meine Heimatgemeinde nicht hinterrücks beraubt…eventuell nächstes Mal.



Der Empfehlung von Sophie und Greg folgend mache ich tags drauf einen Stopp im Liard Hot Spring. Zuvor muss ich an einer Herde von circa 50 Bisons vorbei, die aber total entspannt bleiben…waren die etwa selbst zuvor in den Hot Springs? Man könnte es meinen und man könnte es ihnen nicht verdenken, denn ist wahrlich ein Traum!

Während ich unmittelbar neben der heißen Quelle dahingare, beschließe ich, dass das mein Relaxtag wird. Kurzerhand verlege ich mein Tagesziel auf Fort Nelson, was letztlich ein Drittel der angesetzten Strecke ist. Morgen ist ja auch noch ein Tag!

Und was für Einer!

Im Morgengrauen begrüßen mich Bisons, gefolgt von einem Schwarzbär, der gerade die Straße, auf der ich entlang düse, für sein Eigentum erklärt. Ich fahr tiefenentspannt durch ein ewig langes Waldstück und genieße die erste Kurve seit Längerem, als auf einmal Meister Petz dasteht. Beide baff verharren wir erst mal an Ort und Stelle. Er (sie?) scheint gerade die Checkliste durchzugehen: „Kann ich es begatten? Kann ich es fressen? Kann ich damit spielen?“ Alle Fragen werden wohl negativ beantwortet, weswegen er zwar noch neugierig schaut, aber langsam Richtung Waldesrand trottet. …aber dann war da noch die umgekehrte Checkliste: „Kann es mich …?“ Unklar welche Frage dem Bären gerade durch den Kopf ging, fängt er plötzlich zum Laufen an…dabei wollte ich gerade meine Kamera rausholen, um einen Schnappschuss zu machen, aber die Angst vorm „Beast“ ist zu groß und er ist verschwunden. Wenige hundert Kilometer später treffe ich auf einen weiteren Schwarzbär, der ebenfalls keinerlei Interesse zeigt, nähere Bekanntschaft mit der röhrenden, gefiederten Eisenkuh zu machen, aber zumindest benötigt er etwas länger für diese Erkenntnis, so dass ich noch schnell meine Kamera zücken kann, bevor er im Wald verschwindet.

Auf dem gesamten Abschnitt sehe ich mehr Tiere als Menschen. Insbesondere Bisons sind hier regelmäßig anzutreffen, weswegen ich mein Tempo dann doch leicht reguliere…hier bin ich es, der kein gesteigertes Interesse hat, näher in Kontakt zu kommen.


Auf diesen Strecken kann man noch ungeachtet der Straßenvorschriften fahren…die einzige Furcht, die man hat, ist, dass der Sprit ausgeht. Dies wird auch nicht unbedingt durch eine defekte Tankanzeige gelindert… so sehr sich das „Beast“ meinen Respekt verdient hat…sie hat noch die ein oder andere Eigenheit behalten…klar. Kurzum: Gefüllte Ersatzkanister gehören zur Grundausstattung, Tankstellen werden vor Antritt eines Trips herausgesucht. Suboptimal nur, wenn zwischen Kartendruck und Reisezeitpunkt eine der wenigen Tankstellen dicht macht, denn dann läuft man schnell Gefahr, dass man einige Kilometer vor der nächsten Tankstelle liegen bleibt…und das Resultat der prüfenden Checkliste eines vorbei laufenden Bären dann doch anders ausfällt, als einem lieb ist. Ersteres passierte mir schon zwei Mal in Alaska, wobei spontan Vorbeifahrende mir ohne große Worte Sprit brachten und mir so aus der Misere halfen, Letzteres blieb mir erspart. Nichtsdestotrotz sieht die Sachlage hier etwas anders aus, denn es sind nun mal kaum Menschen hier. Aber die wenigen, die hier sind, sind ebenfalls äußerst hilfsbereit. Ich komme an einem kleinen Campingplatz an einem herrlichen Wasserfall vorbei und der Ranger bietet mir die letzten Liter Benzin an, die er noch in seinem Ersatzkanister hat.




So komm ich ohne Angstschweiß bis zur nächsten Tankstelle. …ok, Angstschweiß bleibt aus, aber irgendwas tropft da gewaltig von meiner Stirn… Wenn ich mit einem nicht gerechnet hatte, dann war es die enorme Hitze, die mich im Norden Kanadas traf. Anfangs wollte ich es ignorieren, aber irgendwann zog ich automatisch die oberste Schicht von meinem Motorradanzug aus, um im Sommeranzug die restlichen 400 Kilometer zu fahren. Herrlich! Eigentlich wollte ich irgendwo auf dem Weg nach Yellowstone übernachten, aber es gibt nichts, was mich sonderlich anzieht, weswegen ich kurzer Hand beschließe, durchzufahren. Kurz vor Mitternacht komme ich an, nehme ein Bier und gehe auf die Dachterrasse von meiner Unterkunft…und werde von Nordlichtern begrüßt. Ich proste kurz zurück und verabrede mich für die nächste Nacht mit den faszinierenden Glühwürmchenschwärmen.

2 Antworten auf „Etappe 1: Fairbanks – Dawson City – Faro – Fort Nelson: Goldrauch anstatt Goldrausch“

    1. Absolutely! Feel free to share it! And as soon as I visit Thailand I might take a stop at your place 🙂 …but probably without motorcycle

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